In diesem Monat präsentiert das Stadt- und Industriemuseum in der Reihe „Exponat im Fokus“ eine Postkarte der Villa von Max Wilke. Die Villa des Gubener Fabrikanten Max Wilke wurde im Jahr 1900 bis 1902 nach Plänen der Berliner Architekten Spalding & Grenander umgesetzt.
Der Bau stellt ein beachtenswertes Beispiel der Wohnhausarchitektur des frühen 20. Jahrhunderts dar und vereint repräsentative Gestaltung mit funktionalem Wohnkomfort.
Das Gebäudeensemble entstand auf einem unregelmäßig zugeschnittenen Grundstück an der ehemaligen Gubener Bahnhofstraße. Die gestalterische Intention zielte auf ein Spannungsfeld zwischen Schlossarchitektur und Landhausstil ab. Der Bauherr legte Wert auf gesellschaftliche Repräsentation, verlangte zugleich jedoch einen funktional durchdachten Familiensitz. Dementsprechend wurde das Haupthaus deutlich zurückgesetzt, um einerseits einen gestalterischen Übergang zur kleinteiligen Umgebungsbebauung herzustellen, andererseits eine repräsentative Gesamtwirkung durch gezielte Blickachsen und Nebengebäude – darunter auch das kunstvoll ausgeführte Pförtner- bzw. Torhaus – zu erzielen.
Die Fassaden bestehen aus roten Sichtziegeln, gegliedert durch Sandsteinarchitekturelemente. Die Dächer sind mit Schiefer gedeckt. Ornamentaler Bauschmuck wurde, wenn nur sparsam, dafür äußerst qualitätsvoll eingesetzt. Das Innere der Villa ist reich ausgestattet: Eine zentrale Achse durchzieht das Gebäude, vom Vestibül über die Halle bis zum Empfangsraum, der mit einer Nische für ein Harmonium für musikalische Darbietungen ausgestattet ist. Nebenräume wie Speisezimmer, Bibliothek, Rauchzimmer und ein Bildersaal sind künstlerisch hochwertig ausgeführt, unter Verwendung edler Materialien wie dunklem Nussbaumholz, japanischer Goldtapete und geschmiedeter Bronzeelemente.
Die Villa Max Wilke stellt eine gelungene Synthese aus Funktionalität, künstlerischem Anspruch und bürgerlicher Repräsentation dar. Sie ist Ausdruck einer Architekturauffassung, die um 1900 zunehmend individuelle Gestaltungsansprüche, den Wunsch nach kultureller Distinktion und technischem Komfort miteinander zu verbinden suchte. Die Baukosten beliefen sich auf rund 300.000 Mark. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude schwer zerstört und einige Jahre nach dem Krieg bis auf das „Torhaus“ abgerissen.
Wir zeigen diese und eine weitere Postkarte der Villa zu den regulären Öffnungszeiten im Stadt- und Industriemuseum Guben.